LoRa als faszinierende Funktechnologie für Umweltdaten

Ein Interview mit Steffen Grau

Steffen Grau

Als IT-Berater für Energiewirtschaft und Kommunen hat sich Steffen Grau in den letzten Jahren intensiv mit intelligenten Mess-Systemen (Smart-Metering) und Netzstabilität beschäfigt. Über das Thema Submetering kam er zu LoRa und TTN.

2019 gründete er gemeinsam mit anderen den TTN-Cluster Mitteldeutschland – ein Zusammenschluss aus inzwischen dreizehn regionalen Communites, die ehrenamtlich LoRa-Netze in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aufauen und betreiben. Hier erzählt er, warum er die Funktechnologie LoRa für das Versenden von Umweltdaten empfiehlt und wo er Probleme sieht.

Was fasziniert Dich an LoRa?

Steffen Grau: LoRa ist einfach, der Einstieg ist niederschwellig. Außerdem sind die Reichweiten dieser Funktechnologie einfach beeindruckend. Der aktuelle Rekord: Auf der letzten TheThings-Virtual-Konferenz in den Niederlanden haben Teilnehmer einen Wetterballon mit GPS-Tracker steigen lassen und der funkte bis kurz vor Ungarn, also 832 Kilometer weit. Hier in der Ebene kann man 40 Kilometer, im Stadtgebiet ca. 10 Kilometer erreichen, wenn Hindernisse einem die Sicht versperren. LoRa ist von seiner Modulation her eben sehr effizient und passt sich an.

Was war Dein erstes LoRa-Projekt?

Steffen Grau: Begonnen habe ich mit einem kleinen RAK-LoRa-Gateway, welches auf einem Raspberry Pi Zero in Betrieb genommen wurde und sofort funktonierte. Das motiviert natürlich! Als nächstes habe ich Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit mit dem Nucleon BaseNode gemessen, das war meine erste Mini-Wetterstation.

Daraufhin hab ich mich mit dem Attnode beschäftigt. Der besteht aus nur 10 Bauteilen und ist recht einfach zusammenzubauen. Aktuell entwickele ich noch eine AddOn-Platine für Feinstaub für diesen Node, man kann damit aber auch Bodenfeuchtigkeit und viele andere Dinge messen.  Mein Fazit: LoRa ist als Funktechnologie für verschiedene Arten von Umweltdaten ideal.

Mykro-Attno | Foto: Steffen Grau

Ein kostenloses Netz für Alle klingt super – gibt es Einschränkungen?

Steffen Grau: Ja, es gibt Reglementierungen für das genutzte Funknetz durch die Bundesnetzagentur – Stichwort Duty Cycle. Da geht es darum, wie viel der zur Verfügung stehenden Zeit ein einzelner Sensor an das Gateway senden und dieses wiederum Daten zurückschicken darf. Das ist für freie Communities wie das TTN-Netzwerk nochmal schärfer formuliert als für das Funknetz. TTN hat das Ganze ergänzt durch eine Faire Use Policy.

Es gibt aber noch was anderes: Für die Funknetzwerke gibt’s keine Garantie – dies betrifft sowohl TTN als auch kommerzielle Anbieter. Funknetze sind grundsätzlich Best-Effort-Netzwerke: Alle tun ihr Bestes, um die Daten beim Empfänger ankommen zu lassen. Wenn es jedoch einen Sonnensturm oder einen Störsender gibt, dann gibt es kein Signal und kann keiner was machen. Nur mit einer Verdichtung der Gateways kann man versuchen, die Ausfallsicherheit zu erhöhen.

Warum eignet sich LoRa für´s Insektenmonitoring?

Steffen Grau: Ich denke, Eure Geräte werden im Freiland stehen – also nicht immer da, wo es gute andere Funkabdeckung gibt. Und außerdem ist das ist ja auch eine Kostenfrage. Hier stellt LoRa eine günstige Alternative zum Mobilfunk mit guter Reichweite dar.

Allerdings ist die Bandbreite ist für Euren Zweck recht schmal. Die Technologie eignet sich nicht für Fotos, Videos oder Audios, sondern für kleine Datenpakete wie Temperatur oder Anzahl einer Insektenspecies. Deshalb werdet ihr in jedem Fall eine lokale Datenspeicherung brauchen, damit die gesammelten Messwerte nicht verloren gehen.

Braucht ein Projekt wie KInsecta ein eigenes Gateway?

Steffen Grau: Aktuell sind 3.200 Gateways der TTN-Communities in Deutschland aktiv. Ich kann also auch die vorhandene Infrastruktur nutzen, ohne mein eigenes Gateway betreiben zu müssen. Das Problem ist nur: Wenn beispielsweise die Netzabdeckung durch einen Student in Eurer Nähe bereitgestellt wird und dieser sein Gateway zu Beginn der Semesterferien für ein paar Wochen abschaltet, dann steht ihr im Funkloch. Dieser Effekt ist jedes Jahr zu beobachten.

Deshalb: Ein eigenes Gateway ist empfehlenswert. Da brauche nicht zu warten, bis irgendein Mobilfunkbetreiber mir eine Basisstation vor die Tür setzt. Ich kann die selbst in Betrieb nehmen und bin mit weniger als 200 Euro dabei.

Sollte man sich einer TTN-Community anschließen?

Wetterstation mit Feinstaubmessung und LoRa-Nodes | Foto: Steffen Grau

Steffen Grau: Ich würde es auf jeden Fall empfehlen, denn der fachliche Austausch lohnt sich absolut. Und wenn theoretisch die TTNCommunities eines Tages nicht mehr aktiv seinsollten und die TTN-Server abgeschaltet würden, dann gibt es auch immer noch Alternativen. Beispielsweise den LoRa-Network-Server (LNS) Chirp-Stack – da kann man die Daten auf den selbst aufgesetzten Servern empfangen und verarbeiten. Das ist etwas unaufwändiger, man betreibt damit ein eigenes, privates Netz. Damit gibt man jedoch eines der größten Vorteile von TTN auf, die Flächenabdeckung. Man hat dann ausschließlich dort Netzabdeckung, wo sich Gateways befinden, welche mit dem eigenen LoRa-Netzwerk-Server verbunden sind.

Ist LoRa die Zukunft der Umweltdatenerfassung?

Steffen Grau: Für Open Source- und Community-Projekte auf jeden Fall. Es gibt ja einige kommerzielle Funkprotokoll-Alternativen, aber da habe ich geräteabhängige Nutzungsgebühren zu zahlen, und bei LoRa eben nicht. Von daher – ja. Brauche ich für die IT-Komponenten (Server, Datenbanken etc.) garantierte Servicelevel, können auch im LoRa-Umfeld kommerzielle Anbieter diese Services erbringen. Allerdings kommt gerade noch etwas anderes ins Spiel: die RED-Richtlinie der EU. Da steht drin, dass zukünftig nur noch zertifizierte Software funken darf. Wenn das wirklich durchgesetzt wird, dann wäre das nicht nur das Ende vom Basteln im LoRA-Kontext, sondern auch das Ende von Freifunk und Co.. Wir diskutieren darüber in unseren Foren und hoffen, dass das nicht passiert. Sollte diese Richtlinie dennoch in Kraft treten, können zwar immer noch Sensoren gebaut werden, nur die LoRa-Nodes müssten wir dann durch fertige LoRa-Modems ersetzen.

Gateway im Weinberg
Gateway im Weinberg | Foto: Jürgen Mayer

Headerbild: Screenshot https://ttnmapper.org/

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